Kieler Nachrichten (INKIEL) 08.11.2013

Caulius und die Pflichtaufgaben

Manchmal schlägt das Schicksal unbarmherzig zu und veranlasst Menschen, das wunderschöne Kiel zu verlassen. So passiert bei zwei Kolleginnen von Caulius, die berufsbedingt nunmehr in meerwasserfreie Städte wie Berlin oder auch Saarbrücken ziehen müssen.

„Pech gehabt“, möchte man da hinterherrufen, oder auch „Reisende soll man nicht aufhalten“. Doch Caulius ist nett und hat eine Liste der Dinge entworfen, die man unbedingt gemacht haben muss, bevor man Kiel den Rücken kehrt.

Dazu gehören natürlich die ganz klassischen Aufgaben. Pech, dass jetzt Herbst ist, aber einmal am Falckensteiner Strand und im Schrevenpark grillen muss sein. Ab Windstärke 10 bitte das Grillgut festhalten, aber dafür feuert sich die Kohle fast von selbst an. Danach zum Aufwärmen kurz in die Förde springen und mindestens drei Schwimmzüge machen – das ist Kieler Recht.

Weitere Pflichtaufgaben sind: Einen Cocktail in der Astorbar trinken und in der Bergklause in Holtenau den Scheiterhaufen bestellen - am besten auch in der Reihenfolge, um den Mut zu den 2 kg Fleisch aufzubringen. Auf dem Weg nach Holtenau kann man dann auch gleich die schönste Kurzkreuzfahrt der Welt mitnehmen und abhaken: Mit der Adler I von Kiel-Wyk übersetzen.

Was den Sport angeht, darf man Kiel einfach nicht ohne dieses unverwechselbare „gut gespielt aber leider dennoch verloren“-Gefühl verlassen, das man nur bei einem Besuch im Holsteinstadion bekommt. Seelenstreicheleinheiten gibt es danach in der Ostseehalle / Sparkassen Arena bei einem gesetzten Sieg des THW. Auch schön.

Und Kultur? Natürlich müssen Abreisende auch davon noch eine Portion genommen haben, sonst werden sie nicht über die Kiel-Grenze gelassen. Unbedingt noch einmal in den Keller vom Warleberger Hof gehen und echte Kieler Geschichte der Jahrhunderte einatmen. Danach in das Zoologische Museum und feststellen, dass Kiel so etwas tatsächlich hat. Schifffahrtsmuseum ist natürlich auch gesetzt, wie auch Theater und Oper. Aber bitte auf der Abschiedstournee nicht das Polnische Theater, die Komödianten, das Theater im Werftpark, das Studententheater im Sechseckbau, das Lore & Lay Theater, Tante Salzmann und die Niederdeutsche Bühne vergessen. Die wären sonst persönlich beleidigt!

Natürlich kann dabei auch mal der Überblick über das Restprogramm in unserer Landeshauptstadt verloren gehen. Deshalb zunächst kurz auf den Wochenmarkt auf dem Exer, einen Fußball in die Mengen schießen und eine Banane kaufen. Dann flugs auf den Rathausturm und so getan, als wollte man runterspucken. Aber wirklich nur so tun! Nicht dass ich da dann gerade unten längs gehe. Auf dem Weg runter auf dem Balkon die Schale vom Wochenmarkt der Menge präsentieren. Und da das ja Wellness und Entspannung war - dank Fahrstuhl - gleich noch weiter nach Mettenhof und den Weißen Riesen zu Fuß erklimmen. Kiel will erlaufen werden.

Wer wirklich alles noch mitnehmen möchte, der kann noch im Holtenauer Leuchtturm heiraten. Dieser Punkt ist aber optional. Apropos Heiraten: Bitte auch noch mal in die Kirchen reinschauen. Die Nikolaikirche ist klar, aber erst mit dem Besuch in der Bethlehem-Kirche in Friedrichsort ist Gottes Segen für den Umzug gesichert.

Abschließend noch der Klappbrücke beim Klappen zuschauen, auf dem Roten Sofa in Gaarden Liebe machen, die Schwentine entlang paddeln und in Dietrichsdorf zum Abschluss im Mediendom erkennen, dass über Kiel der schönste Sternenhimmel der Welt leuchtet – wenn denn mal die Wolken nicht da sind.

Das war‘s. Das ist das Programm, das jeder durchziehen muss, der Kiel verlassen will. Eine drastische Maßnahme. Aber irgendwie muss man doch die Menschen auf den rechten Weg zurückführen. Denn spätestens wenn im Mediendom die Sonne untergeht und die Silhouette von Kiel erscheint, wird selbst die standhafteste Frau und der standhafteste Mann heulen wie ein Schoßhund und spätestens am nächsten Tag auf Stellensuche gehen – in den Kieler Nachrichten. Kiel verlässt man nicht so einfach.

Findet Euer und Ihr

Caulius